Wildkräuter Einsteiger-Tipps

Sicher hast du ein paar Fragen zu Wildkräutern und Wildkräuter-Smoothies, bevor du startest. Wildkräuter Sammeln – Wildkräuter bestimmen – Wildkräuter aufbewahren – Verwechslungsgefahr mit giftigen Doppelgängern – Fuchsbandwurm ? In diesem Kapitel erfährst du alles über den sicheren und sinnvollen Umgang mit Wildkräutern. Solltest du danach noch Fragen haben, schreib mir bitte.

Die 10 goldenen Regeln:
Wildkräuter sammeln & verarbeiten

Spitzwegerich-Smoothie

Die 10 goldenen Regeln zum Sammeln von Wildkräutern, Kochen und Herstellen Wilder Grüner Smoothies: Ernten – Verarbeiten – Genießen. Und warum man sich vor dem Fuchsbandwurm nicht fürchten muss …

1.     Wildkräuter BESTIMMEN

WildkraeuterSmoothies_4Ernte nur Wildkräuter, die du kennst. Als sicher gilt die Bestimmung über 3 Merkmale (z.B. Form des Stängels, Geruch, Blütenfarbe o.ä.) Besuche eine Kräuterwanderung und nutze ein Pflanzenbestimmungsbuch. Meine Empfehlung: Die Bücher von Steffen G. Fleischhauer. Nicht alle essbaren Wildkräuter sind auch für Wildkräuter-Smoothies geeignet. Darum stelle ich speziell in meinem Buch „Wilde Grüne Smoothies“ die 50 besten Smoothie-Wildkräuter mit einem einseitigen Portrait und Foto vor. Wenn du dir nicht sicher bist, gilt die Regel „If in doubt, leave it out“. Es entgeht dir nichts – die Natur ist extrem vielfältig. Die anderen Bücher verfügen über entsprechende Sammelkalender.

2.     Wildkräuter-Sensorik-Test: Nutze deine Sinne

DSC_0274Je nach Boden und Klima können die gleichen Wildkräuter recht unterschiedlich aussehen: groß oder klein, selbst die Farbe der Blätter kann anders ausfallen. Nutze deine Sinne: sehen – fühlen – riechen – schmecken. In dieser Reihenfolge. Der „Wildkräuter-Sensorik-Test“ erspart dir unangenehme Überraschungen. Und belohnt deinen ganzen Körper mit einen ganzheitlichen Erlebnis.

Um Sicherheit zu erlangen, was sich wie anfühlen und wie schmecken sollte, besuchst du am besten zuerst eine Kräuterwanderung. Wenn du es genau wissen willst, würde ich dir eine Wildkräuter-Grundausbildung empfehlen, die dein Wissen systematisiert.

3.     Keine Angst vor dem Fuchsbandwurm

Der Fuchsbandwurm ist eine meldepflichtige Krankheit. In Deutschland kam es 2018 zu 155 Infektionen (auf 82,79 Millionen Einwohner), so das Robert-Koch-Institut. Die Krankheit, die unbehandelt zum Tod führen kann, sei zum Glück sehr selten. Das heißt nicht, dass wir den Fuchsbandwurm auf die leichte Schulter nehmen sollten, stellen wir dem aber das tägliche Risiko gegenüber, bei einem Verkehrsunfalls zu Schaden zu kommen –  2.636.468 Unfälle, 396.018 Verletzte, 3275 Tote in Deutschland 2018 – so relativiert sich die Risiko-Bilanz ein wenig.

Berlin ist weitgehend vom Fuchsbandwurm unbetroffen (4 Fälle im Jahre 2018), in Brandenburg, gab es 2018 keine Neuinfektionen, im Saarland, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern je eine gemeldete Neuinfektion. In Bayern traten 27 neue Fälle von Echinokokkose in Baden-Württemberg 40. Das ist dafür, dass die Durchseuchung der Füchse z.B. auf der Schwäbischen Alb mit 100% angegebenen wird, sehr wenig. Hier zum Link der -> aktuellen Meldestatistik nach Bundesländern des Robert-Koch-Institut.

Entgegen hartnäckiger Gerüchte gibt es keine konkreten Hinweise auf die Übertragung durch den Verzehr von Wildpflanzen oder Waldbeeren. Das Tropeninstitut der Universität Würzburg  empfiehlt jedoch am besten oberhalb der Hüfthöhe des Fuchses zu ernten. Auch besiedeln Füchse immer häufiger Städte und stadtnahe Gebiete, es ist auch davon auszugehen, dass sie auch über die Flächen der Gemüsebauern laufen. Über 1600 Füchse lebten schon 2006 in Berlin, fünfmal mehr als in den umliegenden Wäldern. Das Futter lockt: Mäuse, Ratten, Katzenfutter …
> Link: Süddeutsche Zeitung: „Tierische Städter – Umzug der Wildtiere“

Weitere Informationen zum Fuchsbandwurm:

1/ Robert-Koch-Institut (RKI): Merkblätter Echinocccus
2/ Uni Würzburg: Echinococcus Fragen & Antworten
3/ Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGFM e.V.)

WICHTIG! So kannst du dich schützen!

Waschen kann Fuchsbandwurmeier zwar nicht zerstören, die Gefahr aber mindern. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt zur Prävention von Fuchsbandwurm:

• Händewaschen! Vor allem nach dem Kontakt mit Haustieren
• Kochen oder Trocknen der Pflanzen (sichere Prävention)
• Waschen von Waldfrüchten und Wildkräutern
• Abtöten durch Erhitzen über 60°C über mehrere Minuten.

Infektionsquellen:

Prof. Dr. Klaus Brehm, Biologe am Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg, verwies in einem Interview*, das ich mit ihm zu diesem Thema November 2013 führte als wichtige Infektionsquelle für Fuchsbandwurminfektionen auf den engen Kontakt (Schmusen) mit Haustieren hin (Hunde die an Kot schnüffeln oder Katzen, die Mäuse fressen). Sowie darauf, dass die meisten in Deutschland am Menschen diagnostizierten Echinokokkose-Infektionen gar nicht aus dem deutschen Wald kommen, sondern „Urlaubsmitbringsel“ von Reisen in entsprechend durchseuchte südliche Gebiete sind und dort über Straßenhunde und Straßenkatzen übertragen werden (entweder über „Streicheln“ oder den Kontakt mit dem mitreisenden eigenen Hund). Diese sogenannte zystische Echinokokkose werde in der Statistik gemeinsam mit dem „Fuchsbandwurm“ geführt.

*Interview: November 2013, anlässlich seiner plakativen Äußerung in der Apotheken-Umschau: „Ein Sechser im Lotto ist wahrscheinlicher, als sich durch den Verzehr von Waldbeeren mit dem Fuchsbandwurm zu infizieren“, (www.apotheken-umschau.de, 24.04.2012). Diese Aussage wurde mittlerweile von der Apotheken Umschau gelöscht, stattdessen erhält man dort eine ganz klassische, fundierte Fuchsbandwurmaufklärung (www.apotheken-umschau.de, 13.08.2019).

Dazu das Robert Koch Institut:

„Der Mensch nimmt die Wurmeier durch kontaminierte Hände entweder nach direktem Kontakt mit infizierten Endwirten (Fuchs, Hund, Katze), an deren Fell die Eier haften können, oder durch Umgang mit kontaminierter Erde auf. Die Möglichkeit der Übertragung durch kontaminierte Nahrungsmittel (Waldbeeren, Pilze) bzw. kontaminiertes Wasser ist nicht geklärt.“

Quelle: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Echinokokkose.html#doc2398572bodyText6

Weil es sich hier jedoch um reine Statistik handelt, habe ich einen erfahrenen Jäger befragt: Er würde Wildwechsel (sichtbar als Trampelspuren im Gras) meiden und oberhalb der Hüfthöhe des Fuchses ernten.

WICHTIG: Wie alle Informationen unterliegen auch diese einem steten Wandel. Stand der aktuellen Überarbeitung 13.08.2019

4.     Ernte nur so viel du brauchst

GIersch (Aegopodium podagriaria)Ernte nur das, was du für dein Leben brauchst. Näherst du dich der Natur mit dem Gefühl der Achtsamkeit, wirst du mit reichen Sinneseindrücken belohnt. Das Ernten der Wildkräuter ist ein Teil des Genusses bei deinem Wildkräuter-Smoothie. Ernte nie mehr, als du in 3 Tagen verbrauchen kannst.

Natürlich kannst du Kräuter auch auf dem Markt oder im Bioladen kaufen. Das ist besser als auf die Vitalstoffe verzichten. Du verzichtest aber auf einen Teil des Erlebnisses.

> Link-Tipp: Ökologische Wildsammlung

5.     Wildkräuter Aufbewahren

Verwende zum Sammeln – vor allem im Sommer –  einen Gefrierbeutel mit einem feuchten Stück Küchenrolle am Boden. Unsere heimischen Wildkräuter brauchen viel Feuchtigkeit um knackig zu bleiben. Lege die Kräuter vorsichtig hinein, blase den Beutel etwas auf und verschieße ihn mit einer Gefrierklammer. Die Wildkräuter ruhen nun in einem Luftkissen mit eigenem Mikroklima. So kannst du Wildkräuter und -Blüten im Kühlschrank gut 3-4 Tage aufbewahren. Da der Beutel durchsichtig ist, behältst du den Überblick!

6.     Dein Geschmack ist der „Sensor deines Stoffwechsels“

Wildkräuter sind besonders reich an Vitalstoffen. Nun funktioniert aber Körper jedes Menschen etwas anders. Grund dafür ist unser Stoffwechsel, der die Aufschlüsselung unserer Nahrung regelt. So kann es sein, dass dem einem schmeckt, wo der andere ausruft „Ist das bitter…!“. Oder „Ist das sauer…!“. Beide haben recht. Unser Geschmack signalisiert, was sich unser Körper gerade wünscht. Aus diesem Grund sind Wildkräuterezepte immer Empfehlungen, die du an deinen persönlichen Bedarf anpasst. Verlass dich auf deinen Geschmack. Dein Körper wird es dir danken.

-> Wildkräuter & Allergien

Einige Wildkräuter enthalten allegene Stoffe. Allergien können auftreten bei Beifuß (Artemisia), der deshalb nicht von der Kommission E in die Liste der Heilpflanzen aufgenommen wurde. Erhöhte Allergie-Gefahr besteht auch bei Schafgarbe, Spitzwegerich, Johanniskraut (erhähte Lichtsensibilität) und äußerlich bei Wiesenbärenklau und natürlich dem als giftig bekannten Riesenbärenklau (Kontaktallergie). Letzterer ist tabu.

Achtung: Die Dosis macht das Gift. Darum rate ich gerade bei Wilkräuter-Smoothies zu vorsichtiger Dosierung. Weniger ist mehr! Nur weil ein Hochleistungsmixer es (technisch) trinkbar macht, muss es nicht gut für euch sein. Respektiert euren Geschmack als zuverlässiger Sensor eures Stoffwechsels (siehe Absatz 6). Mogelt ein Zuviel an Bitterstoffen nicht mit süßer Mango weg 🙂

7.     Viele Wildkräuter sind Heilkräuter!

Wildkräuter schlagen Kulturpflanzen in ihrem Gehalt an Blattgrün, pflanzlichem Eiweiß und sekundären Inhaltsstoffen bei weitem – viele Wildpflanzen haben eine solche Kraft, dass sie traditionell als Heilkräuter eingestuft werden. Diese gilt es mit Vorsicht einzusetzen. Informiert euch über deren Wirkung – so könnt ihr Wildkräuter-Smoothies, Wildkräuter-Suppen und Wildkräuter-Salate gezielt für euer Wohlbefinden nutzen. Das entsprechende Wissen eignet ihr euch am besten in einem entsprechend fundierten Wildkräuterkurs fmit Kräuterwanderung und Kochkurs an, z.B. im Wildkräuterseminarhaus Oedmühle.

8.     Nutze den Rhythmus der Natur

In der traditionellen Naturheilkunde werden Heilpflanzen genutzt, um dem Körper einen Impuls zu geben. Dabei gilt es zu beachten: Der Körper gewöhnt sich schnell, aus Impuls wird Gewohnheit. Es empfiehlt sich daher, Wildkräuter spätestens alle 3-4 Wochen zu wechseln. Die Natur hilft dir: etwa alle 6 Wochen sind andere Wildkräuter im optimalen Erntestadium.

9.     Wilde Grüne Smoothies – Weniger ist mehr

Wildkräuter sind erheblich reicher an Inhaltsstoffen als Gemüse, Salat oder Obst. Beginne vorsichtig und steigere den Anteil an Wildkräutern in deinem Salat oder Wildkräuter-Smoothie langsam. Den nötigen Anteil an Blattgrün erreichst du zunächst durch Blätter von Kulturpflanzen wie Möhrenkraut, Salat, Kohlrabiblätter (aus Bio-Anbau). Steigere den Wildkräuteranteil langsam über mehrere Wochen. Achte auf deinen Geschmackssinn.

10.  Wildkräuter-Praxis – das „Nimm 3“-Prinzip

Du kannst Wildkräuter nach ihrem Geschmack kombinieren: z.B. ein Basiskraut, eines für den Grundgeschmack und eines für den Aromakick. Oder nach du kannst die nach Wirksamkeit für deinen Körper auswählen. Wichtig: mische nie zu viel durcheinander. Verlasse dich auch hier auf deinen Geschmack. Ein Wildkräutergericht (ob Salat, Sorbet oder Smoothie) sollte ein Konzert der Aromen sein und kein Geschrei. „Nimm 3“ ist eine gute Faustregel. Weitere Tipps und 50 leckere Rezepte für Wildkräuter-Smoothies findest du in Wilde grüne Smoothies, 50 Wildkräuter – 50 Rezepte, Vegan & köstlich.

Link-Tipps:

Pflanzen-Bestimmungsbücher:
-> Wildkräuter bestimmen nach Blattform: Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen, Steffen Fleischhauer e.a.
-> Wildkräuter bestimmen nach Blütenfarbe: BLV-Pflanzenführer für unterwegs. Schauer/Caspari

Wildkräuterkurse:
-> Kräuterwanderung mit Kochkurs: >hier anmelden
-> herbalista® Basic Wildkräuter-Zertifikatskurs: > hier anmelden
Es gibt eine Vielzahl von Kursen, Seminaren und Vorträgen, sicher auch in eurer Region. Informiert euch über die Referenzen des Referenten. Da es sich um „wertschöpfendes  Weltwissen“ für euer Leben handelt, kann es sich lohnen, auch weiter zu fahren.

Meine Wildkräuter-Bücher:
-> Das große Buch der Wildkräuter-Smoothies: „Wilde Grüne Smoothies“
-> Für die schnelle, unkomplizierte Naturküche: „Wilde Grüne Küche“
-> Die Königin der Heilpflanzen: „Brennnessel“
Als ich begann, die Wildkräuter zu erforschen, stellte ich fest, dass es nur ganz wenige wirklich alltagstaugliche Wildkräuter-Kochbücher gibt. Mit schnellen, einfachen, für unser mobiles Leben ernährungsphysiologisch sinnvollen Rezepten gibt. Darum habe ich die drei oben genannten Bücher geschrieben.

 Heilpflanzenwissen im Internet:
-> 200 Heilpflanzen im Portrait: Anwendungsgebiete, Heilwirkung und Botanik
-> Liste der Monographien der Kommission E