Nürnberg. Wer sind die Guten? Die Bio-Kunden im Bio-Laden? Die Supermarkt-Bio-Käufer? Die „Big Player“, weil sie viel Fläche nach Ökorichtlinien bewirtschaften? Die kleinen Bio-Erzeuger, weil sie die eigentlichen Biotop-Betreuer sind?
Jene Hersteller, die Bio jetzt hocherfolgreich in Convenience ausbauen? Die meisten Innovationen der Biofach 2016 kamen aus diesem Bereich.
„Der freie Markt“ – „Hütchenspiel“ mit der Evolution
Es ist für den Menschen mit Gewissen nicht einfach in der besten aller Welten. Hinter dem Feuerwerk von Projekten, Innovationen und Ideen steht eine schweigende Mehrheit. Die ist faul. Intuitive Energiesparer. Selbst im Ameisenhaufen bewegen sich zum größten Erstaunen der Forschen 80% der Ameisen extrem wenig.
Als „Wildes Kraut“ frage ich natürlich: Warum ist „Faulheit“ in der Evolution ein Erfolgskonzept?
Den Ball flach halten ist systemerhaltend – spart Energie, schont Ressourcen. Menschen, Tiere, Pflanzen – gilt das für alle Lebewesen gleichermaßen? Nein – der Mensch kann sich, wie ein Hütchenspieler dem Kreislauf der Natur punktuell immer wieder ein Stückchen entreißen. Er klaut. Dazu nutzt er sein Hirn. 30% des Kalorien-Tagesbedarfs verbraucht allein dieses Gehirn. So viel Invest ist evolutionär kein Zufall. Das Hirn der Spitzmaus ist weniger anspruchsvoll.
Kann der Mensch diese Energie in seinem Leben „halten“?, fragt sich nun das „Wilde Kraut“ in Anbetracht der vielen Natur? Wohl schwer …
15% Frei-Raum braucht Permakultur
Klimaerwärmung, Börsencrashs, Massenmigration. Der „leergeklaute Raum“ strebt nach Entropie – möchte alles wieder stabil und gleichmäßig verteilen. Wie bei einem Dammbruch. Wie bei Krebs. Er nutzt also irgendeine nebensächliche, winzigkleine Schlamperei, die aufgestaute Energie strömt in die Breite, das energetische Nieveau nivelliert sich. Dieser „Zwangsausgleich“ ist dann selten im Interesse der Leitkultur, man denke an den Untergang des Römischen Reichs, der Inkas und Mayas, die Französische Revolution.
Doch zurück zum BIO-Dilemma: Ist klein gut und groß schlecht? Ist Regional das neue BIO? Oder sind das rethorische „Hütchenspieler-Tricks“?
Steffen G. Fleischhauer ist Landschaftsarchitekt. Wenn er keine Bestseller schreibt wie „2000 Essbare Pflanzen in Mitteleuropa“ legt er Permakulturgärten an. Wir unterhielten uns über Wissen und Erkenntnis. Er erzählte mir: Am Überraschendsten sei die Erfahrung, dass man nicht alles planen darf, erzählte er mir aus der Praxis. Etwa 10 -15% „Frei-Raum“ braucht ein Permakulturgarten zur Selbststabilisierung. Der kluge Gärtner baut ihn ein.
Genau das ist eigentlich die Idee des „freien Marktes“. Nur dass dieser ein Konstrukt ist, der IMMER an der genialen „Energieklau-Hütchenspieler-Kompetenz“ des Menschen scheitern wird. Das Wirtschaftswachstum, das für erfolgreiche Unternehmen|Gesellschaften in unserem System als verpflichtend angesehen wird, visualisiert sich als exponentielle Kurve. Und kannibalisiert dabei aus Gründen der Effizienz für ein kurzfristig besseres Betriebsergebnis den statistisch erforderlichen „Frei-Raum“ der mittel- und langfristigen Stabilität.
Willl mehr, als er selbst schaffen kann, klaut es sich raus, mogelt darüber hinweg – wie aktuell in Deutschlands größter Abgas-Affaire. Das ist natürlich keine Dauerlösung: wie man am Aktiencrash der Deutschen Bank gut sehen kann. Parallel zum exponentiellen Wachstum steigenden die Reibungsverlusten. Das ausgereizte System ob in Natur oder Kultur ist dem schutzlos ausgeliefert. Die Unternehmen haben dann auch keinen Raum für Innovationen, Biotope keine Chance zur Regeneration.
Denn Innovation ergibt sich. Ist Innovation Evolution durch Fehler? Vermutlich. Naheliegend wäre es, sich an diesem Punkt Gedanken zu den natürlichen Grenzen der Gentechnik machen. Aber das würde zu weit führen …
Was bedeutet das FÜR DEN Bio-Markt? Wer sind die klugen Gärtner?
30 Jahre nach der Pionierzeit gibt es in der BIO-Branche etliche Big-Player. Die Hallen waren am Donnerstag, traditionell der Haupttag der Biofach 2016 voll wie auf einem Volksfest. Die BIO boomt. Es wurde gefeiert. Und es gibt auch kluge Gärtner, deren Denkweise es sich lohnt, zu folgen. Wie z.B. Dr. Franz Ehrnsperger von der Neumarkter Lammsbräu. Er stellte auf dem Rundgang „Ökomodellregionen“ des Kongresses Stadt.Land.Bio ein bemerkenswertes Projekt vor.
Ein großes Problem, führte Inhaber Dr. Ehrnsperger ein, sei die zunehmende Nitratbelastung des Grundwassers. Die einzige Möglichkeit diese schnell und nachhaltig abzusenken sei Bio-Anbau. Die Neumarkter Lammsbräu unterstütze daher in einem groß angelegten Projekt gezielt den Anbau von Biohopfen im Einzugsgebiet der Brunnen. Die Landwirte werden beraten und es werden ihnen als Anreiz langfristige, kostendeckende Lieferverträge angeboten. Damit auch Bauern mit Flächen unter 20 ha teilnehmen können, wird ein zentrales Sammellager gebaut, an das kleine wie große Mengen angeliefert und zugerichtetwerden. Von dort aus geht es auf kürzestem Weg in die Brauerei.
Ein geschicktes Modell, das Wachstumsräume schafft, indem es die „wirtschaftlich notwendige“ Delokalisation der Erzeugung in einem Anbauprojekt für Bio-Hopfenproduktion logistisch neu ordnet.