Kann etwas Gutes schlecht sein? Ja! … und wie! Genau das ist es, was das Leben so spannend, aber auch schwierig macht. Udo Pollmer hat in „Deutschlandradiokultur“ mit dem Beitrag „Grüne Smoothies – Leberschaden inklusive“ einen hoch erfolgreichen Aufreger – 342 Personen gefällt das, 351 mal geteilt, 161 Kommentare. 🙂 – in die Smoothie-Szene gepoltert. Chapeau! Nun möchte ich allen, die ernsthaft an „Grünen Smoothies“ interessiert sind – und das sind viele – hier die Überlegeungen mitteilen, die mich bewegt haben, als ich das Buch „Wilde Grüne Smoothies“ verfasst habe. Bitte verzeiht, wenn das eine oder andere wenig „charmant“ klingt. 😉 Udo Pollmer hat natürlich „teilrecht“. In jedem Gerücht steckt ein Körnchen Wahrheit. Klar… wenn ich jeden Tag hochdosiert „Grün“ zu mir nehme, ohne eine Kuh zu sein, kann ich durchaus kurz- bis mittelfristig gesundheitliche Probleme bekommen. Dem Menschen fehlt der Pansen zum Wiederkäuen.
Wie man Grüne Smoothies „körperfreundlich“ zubereitet …
Es hilft ein leistungsstarker Mixer, der als „Zerkleinerer“ einen wichtigen Part der Kohlehydratverdauung aus dem Mund (wir alle schaffen es nicht so intensiv zu kauen, dass wir z.B. Wildpflanzen voll aufschlüsseln könnten) heraus „vorverlegt“. Der zweite, ebenfalls im Mund stattfindende Verdauungsprozess für Kohlehydrate (vor allem Stärke), ist das Einspeicheln, d.h. es wird begonnen, den zerkleinerten Nahrungsbrei mit Amylase enzymatisch aufzuspalten. Das Einspeicheln wird in einschlägiger Literatur zwar erwähnt, in der Praxis aber in Rezepten und Anweisungen leider meist unterlaufen („Du merkst selbst was Dir guttut …“). Ist der Grüne Smoothie zu flüssig, wird er reflexhaft und schnell (weil’s so bequem ist 🙂 ) heruntergetrunken, das Einspeicheln wie beim Kauen entfällt – nicht gut! Meines Erachtens ist es darum sinnvoll, dass der Grüne Smoothie „Konsistenz“ aufweist. Außerdem rein kulinarisch: Wasser ist kein Geschmacksträger. Das kann man auch gut separat trinken. Es gehört zu den Grundregeln eines Grünen Smoothie, dass keine zusätzlichen Eiweiße oder Fette hinzugefügt werden. Warum? Weil deren Verdauungsprozess dieser Nahrungskomponenten im Körper anders abläuft. Wenn wir einen Grünen Smoothie schnell, frisch und unangestrengt verdauuen wollen, unterliegt er dem Reinheitsgebot: also Wasser, Frucht, Blattgrün (Wilde Grüne Smoothies, Seite 42).
Kleiner Exkurs: „Je bequemer, desto gefährlicher“
Dies gilt übrigens generell im Leben, nicht nur für Grüne Smoothies … Beispiel: Schnelle Autos sind toll, versauen aber die Umwelt. Und sorgen dafür, dass wir und zu wenig bewegen. Letzteres führt unweigerlich zur häufigsten Todesursachen in unserer zivilisierten Welt: Herz-Kreislaufkrankheiten. Beispiel: Eine warme Wohnung, in der man bei 25°C im T-Shirt vor dem Fernseher liegen oder am Computer sitzen kann ist toll. Leider fördert dieses Raumklima gleichermaßen die Ausbreitung von „zwischenmenschlichen Infektionen“ und den Schimmelpilzbefall, der wiederum zu Streit mit dem Vermieter und Allergien führt. In meiner Mühle z.B. leben wir bei einem Raumklima von 16 – 18 °C (Baudenkmal) – und haben derlei Probleme nicht.
Die Dosis macht das Gift
Bei der Recherche für mein Buch bin ich bei vielen Veröffentlichungen zum Thema „Grüne Smoothies“ auf eine Geisteshaltung gestoßen, die mich erstaunt hat: „Viel hilft viel“. Da wird klassifiziert in „Anfänger“ und „Fortgeschrittene“, als ginge es darum, den Rekord als „Green Giant“ zu brechen. Diese Denkrichtung (aber auch nur diese) thematisiert Pollmer in seiner Polemik. Nach meinem Wissensstand möchte ich folgendes zu bedenken geben:
1. „Weniger ist mehr“ – Grüne Smoothies sind per se hochdosiert:
Schaffe ich es, die Inhaltsstoffe in einer wesentlich höheren Dichte aufzuschlüsseln, als mein Körper kann, heißt das nicht, dass mein Körper das braucht oder in der Lage ist, daraus Nutzen zu ziehen. Logischer Gedankengang wäre: Die Mixertechnologie stellt und eine derartige Qualität zur Verfügung, dass wir WENIGER brauchen. Mir persönlich reichen 0,1l bis 0,2 l Wilder Grüner Smoothies als „Tagesdosis“ durchaus. Natürlich sind Wildkräuter an Inhaltsstoffen erheblich konzentrierter als Kulturpflanzen (Wilde Grüne Smoothies, Seite 12). Wenn ich also z.B. Brennessel in meinen Smoothie gebe und sie hat 173 mg Chlorophyll b und Spinat 20 mg (pro 100 g essbarem Inhalt), dann brauche ich doch nicht lange rechnen, wie viel ich von diesem Super-Booster trinken muss um meinen Tagesbedarf zu befriedigen. Als „Nicht-Rechenkünstler“ würde ich sagen: viel, viel weniger!! 2. „Gartenabfälle“? – ach nein, wie humorlos 🙁
„… Denn für grüne Smoothies kommen sogar Gartenabfälle in den Mixer – neben Radieschenlaub auch Rhabarberblätter oder Unkraut wie Brennnesseln und Sauerampfer; dazu eine Handvoll Laub von Bäumen, verfeinert mit Brokkolisprossen. Das ist so neu nicht: Eine Brühe aus Brennnesseln und Rhabarberblättern nimmt der Biobauer zur Bekämpfung von Blattläusen.“ Deutschlandradio, Gefährlicher Küchentrend
Der Autor und seine redaktionellen Erfüllungsgehilfen polemisieren weiter. Also die Natur – und das kann ich, da ich mit ihr zusammenlebe, aus erster Hand berichten – kennt keine „Gartenabfälle“. Ihr ist es egal, ob wir das Radieschen essen oder das Kraut (Igitt??) – es gibt übrigens prima Radieschensuppe aus Radies & Blatt, die Endlische Cottageküche folgt da einer anderen Tradition – ob unsere Tulpen gerade stehen oder „wasauchimmerwirgeradeschönfinden“ … Frage: Bekommt uns Radieschenkraut? Bekommen uns Brennesseln? Bekommt uns Sauerampfer? (Rhabarberblätter bekommen uns NICHT – das weiss jedes Kind). Und wenn ja – wie viel bekommt uns? Hier gilt siehe oben – je feiner aufgeschlüsselt, desto weniger (ver-)braucht der Mensch. Eigentlich praktisch – oder? Ein Grundwissen, was einem bekommt und was nicht, ist für ein glückliches Leben generell unverzichtbar. Aber das lässt sich durchaus zu erwerben. Besucht eine Kräuterführung. Du musst dir nur immer vergegenwärtigen, dass ALLES, was hochEFFEKTIV ist, mit Fingerspitzengefühl dosiert werden will. Denn:
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“ Paracelsus. Die dritte Defension wegen des Schreibens der neuen Rezepte. In: Septem Defensiones 1538
Die im Beitrag gescholtene Brennnessel z.B. genießt seit jeher als Frühjahrskur hohes Ansehen. Und das umschreibt den Rahmen der evaluierten Dosierung. Alles andere ist alles andere.
3. … EHEC und böse Sprossen…
In diesem Absatz wird alles miteinander verheiratet, was nicht zusammengehört. Nicht nur, dass bereits 2011 durch eilige Berichterstattung über die EHEC-Keime ein völlig unschuldiger norddeutscher Familienbetrieb in die Insolvenz getrieben wurde. Auch die These „Glücklicherweise konnten damals viele unvorsichtige Esser durch ein nicht zugelassenes gentechnisches Präparat gerettet werden,“ ist meines Erachtens eine Räuberpistole erster Güte. Soviel ich aus heilmedizinischen Kreisen weiss, wurden die Patienten über schlichte Bluttransfusionen gerettet. Brokkolisprossen indes werden derzeit nachweislich mit Erfolg von Prof. Dr. rer. nat. Ingrid Herr, Leiterin OnkoChirurgie Universitätsklinik Heidelberg, in einem der seltenen, von Pharmaunternehmen unabhängigen Forschungsprojekten über die Wirkung von LEBENSMITTELN auf Krebs untersucht.
–>> Link zum Forschungsprojekt „Brokkolisprossen/Pankreaskarzinom“ der Universitätsklinik Heidelberg
4. „Rohe Blattgemüse sind die wichtigste Ursache von Lebensmittelvergiftungen“?
Halali … Tolle Theorie, die ich voller Freude anzweifle! Beweislage? Offen. Aber … bringt sicher viel Aufmerksamkeit (siehe oben). Dieser Strategie kann ich persönlich nicht mehr viel abgewinnen. Ich möchte nur noch DInge schreiben, die den Menschen nutzen…
Noch ein PRAXIS-TIPP: Passt auf mit der Oxalsäure!
Ich bin inzwischen einigen Mixerexperten mit „Erfolgsrezept“ begegnet:
Frucht (z.B. Mango) + Spinat (tolle Farbe) = Verkaufserfolg
Dieses Rezept solltet ihr auf Dauer vermeiden. Spinat enthält viel Oxalsäure. Wie auch Rhabarber, Sauerklee, Sauerampfer. Das mag für den gesunden Körper – ab und zu genossen – durchaus einen willkommenen „Trainingsseffekt“ haben. Nicht aber im täglichen Dauergebrauch. Nicht in der Dosierung, die in einem Grünen Smoothie bequem möglich ist. Wenn ihr hingegen oxalsäurehaltige Pflanzen wegen ihrer Limenttenfrische ab und zu genießt – wie eben auch ein Stück Rhabarberkuchen – seid ihr voll Vergnügen auf der sicheren Seite.
Dies ist meine persönliche Meinung und ersetzt weder Arzt oder Apotheker 🙂
Herzlich
Versendet von meiner Wiese
Liebe Herbalista,
erst einmal vielen Dank für deine Stellungnahme auf deiner Seite zum Artikel „Gefährliche Küchentrends“. Ich selber wurde auf meiner Arbeitsstelle hierauf aufmerksam gemacht und man hat versucht, meinen neuen Lebensstil (größtenteils vegane Ernährung, 1 x täglich Smoothie, viel Rohkost) hierdurch madig zu machen und darüber hinaus sogar als schädlich darzustellen. Sätze wie „Dieser ganze Scheiß aus Amerika….“ und „Sie können mich von ihrer Sichtweise nicht überzeugen“ (obwohl ich das gar nicht bezwecke) sind mittlerweile an der Tagesordnung. Ich habe nie versucht, meine Kollegen oder Vorgesetzten von meiner Lebensweise zu überzeugen oder deren Ernährungsweise schlechtzureden. Es ist schlichtweg so, dass ich fast schon gemobbt werde, weil ich Schokoriegel, Kuchen, Milchprodukte etc. ablehne. Nie habe ich aber versucht, jemandem meine Sicht der Dinge aufzudrängen. Der Satz „Wer heilt hat Recht“ hat einen hohen Stellenwert in meinem Leben erlangt. Nach Monaten mit Gastritis, Magen-Darm-Infekten, Kopfschmerzen war ich nach Ernährungsumstellung innerhalb kürzester Zeit beschwerde- und auch medikamentenfrei! Mit Fanatismus hat das nichts zu tun, auch bei uns zu Hause gibt es hin und wieder mal etwas „ungesundes“, wie z. B. Kuchen an Geburtstagen -- aber in Maßen und als Genuss.
Insbesondere die grünen Smoothies missfallen meinem Umfeld -- ich bin für alle nur noch „die mit den Blättern“. Ständig wird gesagt, so extrem wie ich hätten sie noch nie jemanden kennengelernt. Auf meine Aussage, dass dieser Trend sich gerade verstärke wurde mit Spott reagiert, als ob ich die einzige sei, die grüne Smoothies konsumiere.
Jetzt habe ich in der Tag eine ganz tolle körperliche Lebensqualität durch die Smoothies gewonnen, nun leidet aber mein Seelenleben, weil mein Umfeld auf mir rumhackt. Mich würde interessieren, ob andere auch solche Erfahrungen (durch)machen (müssen), was man solch verbalen Attacken smart entgegensetzen könnte.
Wie sehen Sie das Ganze? Wird sich die Situation normalisieren, so wie es heute ja auch „normal“ ist, dass die Gesellschaft Dosenfutter und Tütensuppen konsumiert?
Ist es wirklich nur ein Trend, der im Laufe der Zeit wieder abflachen wird?
Ein Artikel zu diesem Thema würde mich interessieren, welche Erfahrungen Sie oder andere schon zu dem Thema gemacht haben.
Vielen Dank und herzliche blattgrüne Grüße aus Trossingen sendet Ihnen
Sylvia
Liebe Sylvia,
freut mich sehr, dass dir meine Stellungnahme gefallen hat. Das musste ja mal gesagt werden. Alle finden immer alles gaaanz gut – oder gaaanz schlecht. Dabei besteht das Leben aus Zwischentönen. Auch wenn’s etwas mehr Mühe macht.
Hr. Pollmer finde ich prinzipiell ja gar nicht schlecht. Nur, dass er sich meinem Empfinden nach, inzwischen etwas sehr zum Medien-Derwisch mit Risiken und Nebenwirkungen entwickelt hat …
Den Schokokram essen wir eher selten. Nachdem mein Sohn eine Milcheiweißallergie hat, habe ich begonnen, Zutatenlisten zu lesen – und das hat unser Koch- und Essverhalten nachhaltig geändert.
Also, lass dich nicht verdrießen. Begeistere die lieben Kollegen mit Charme, denn guter Laune kann niemand widerstehen. Vielleicht beginnen sie dann heimlich zu Hause Grüne Smoothies zu trinken.
Ich mag die Natur, und allein das Sammeln der Pflanzen (…. ähhh des bösen „Unkrauts“ in Garten, Wald und Wiese) macht mich jeden Tag ein bisschen glücklich. Zu sehen, mit wie viel Energie sich diese Pflanzen entwickeln. Wie sie sich im Lauf des Lebens immer wieder verändern. Vom alles überwuchernden grünen Kraut, zur Blüte, und dann – wenn alles schon dürr aussieht – wird die Essenz als Same oder Wurzel weitergereicht. Da können wir Menschen uns viel abkucken.
Dass Grüne Smoothies nur ein Trend sind, glaube ich nicht. Ich halte die Technologie für einen Quantensprung.
Allerdings wird der „Medienhype“ darum abnehmen. Es wird sich „die Speu vom Weizen“ trennen. Und übrig bleiben wird, was Sinn macht. Was ich dafür halte, weisst du aus meinem Buch „Wilde grüne Smoothies“. Den Artikel werde ich gerne schreiben. Und dann sag ich dir Bescheid. Ansonsten findest du deinen Beitrag in der „Sprechstunde“. Ich danke dir für deine Aufmerksamkeit und wünsch dir ein schönes Wochenende!
Herzliche Grüße
Leonie Herbalista
Liebe Leonie,
vielen Dank für den sehr interessanten Beitrag.
Ich entsafte für mir jeden Tag ca. 0,5 Liter frischen Saft aus Gemüse:
z.B. Sellerie-(Stange/Knolle), Wirsing, Grünkohl, Broccoli, Möhren-/Kohlrabigrün, Schwarzkohl etc., Weizengras -- alles je nach Saison und zur Süsse einen Apfel bzw. ein viertel frische Ananas mit Schale.
Nach einem grünen Obst-Haferbrei ist dieser halbe Liter mein „Mittag“ und macht mich gut satt. Am frühen Abend mache ich mir noch einen grossen Salat mit Tempeh/oder Pilzen/Tofu (gebraten).
Meine Frage jetzt: Ist es zuviel an GRÜN? Auch Weizengras/Gerstengras und Dinkelgras gehören häufig dazu. Ab und zu esse ich auch Bio Fisch. Freue mich sehr über ein Feedback von Dir. Liebe Grüße, Hanna
Liebe Sylvia,
auch ich habe die Erfahrung gemacht, im Kollegenkreis belächelt zu werden. Ich musste mir viel Blödsinn und sehr unintelligente Sprüche anhören, bis ich zu der Erkenntnis kam, sie so leben zu lassen, wie sie meinen.
Jetzt schmunzele ich nur noch vor mich hin, wenn sie müde aus der Kantine kommen, in der sie sich mit wertlosem Billigfutter vollgestopft haben, trinke meinen Smoothie und genieße meine Nichtmüdigkeit. Ich habe feststellen müssen, dass die Alles-in-sich-hinein-stopfer wesentlich intoleranter sind, als die Gesundesser. Kein Teamessen geht ab, ohne einen unqualifizierten Spruch derer. Ich sage gar nichts mehr, esse dann halt nichts oder wenig. Lass sie doch. Wenn ich in den Spiegel schaue, weiß ich, dass ich alles richtig mache. Sehe ich sie, weiß ich, dass sie alles falsch machen. So einfach ist das.
Mach weiter so, alles ist gut.
Liebe Grüße Evelyn
Vielen Dank für den Kommentar!
Bei meinen Recherchen zu grünen Smoothies bin ich auch über den Artikel von Herrn Pollmer gestolpert -- und habe schon beim Lesen ähnliches gedacht wie du hier geschrieben hast. Danke, vor allem für den Hinweis auf die Dosis.
Als nächstes schaue ich mir dein Buch an 😉
Liebe Grüße,
Susanne
Liebe Susanne –
wenn dir der Beitrag gefällt, wirst du in den „Wilden Grünen Smoothies“ noch viele interessante Informationen finden! Würde mich freuen, wenn es Dir gefällt. 🙂